Do kummt die Sunn...

Ende Jänner zeigt sich nach zwei Monaten Abstinenz auch auf der Außeren Halt wieder die Sonne. Nur für einen kurzen Besuch zur Mittagszeit zunächst, doch dann Tag für Tag länger und mit zunehmender Kraft. Mit der Rückkehr der Sonne dürfen wir spüren, wie nach dem Niedergang im späten Herbst und der Ruhe über den Jahreswechsel das Neue anbricht und an Bedeutung gewinnt. Ein Jahr zieht herauf und wir werfen den Blick noch einmal zurück auf das vergangene.

Ein gutes Jahr

In vielen Gesprächen zum Jahreswechsel wünschten uns unsere Gegenüber, 2023 möge besser werden als 2022. Mit Blick auf die weltpolitischen Verwerfungen und die Ausläufer der Pandemie können wir das verstehen - gleichwohl fällt es uns schwer, uns undankbar oder gar erleichtert von 2022 zu verabschieden. Für uns auf der Außeren Halt, für alle, die hier leben und für alle, die uns dabei zumindest zeitweise begleitet haben, war es nämlich ein wunderbares Jahr. Und wir haben allen Grund, es in sehr guter Erinnerung zu behalten.

Der Dachstuhl auf unser neues Stallgebäude kam mitten im tiefsten Winter. Nur unter Aufbietung aller Splittvorräte konnte der Lastwagen mit den langen Dachbalken seinen Weg über die Eisplatten auf unserer Zufahrtsstraße meistern. Bei teils äußerst widrigen Wetterverhältnissen zimmerten die tapferen Männer die Tragkonstruktion für unser zweites großes Gründach zusammen. Viele Liter heißen Kaffees und Tees sowie kräftige Mittagessen im warmen Haus verhinderten Unterkühlung und Hunger der Mannschaft.

Frühlingserwachen und erste Feste

Die winterliche Holzernte aus unserem viel zu dichten Wald holte bei den letzten Frösten ein Nachbar ab. Als Hackschnitzel wärmen ihm unsere Fichtenstangerl zumindest eine Zeitlang Haus und Hof. Das Frühjahr brachte dann reiche Blüte der Obstbäume. Nachtfrost blieb in den entscheidenden Tagen aus und wir hatten allen Grund, uns nach dem äußerst schwachen Vorjahr wieder auf reichen Ertrag der Apfel- und Birnbäume zu freuen. Auch bei den Schafen und Ziegen trugen Steffis stetige Bemühungen um einen gesunden Viehbestand reiche Früchte: Die Geburten verliefen bis auf wenige Ausnahmen völlig reibungslos und vor allem die Herde unserer Krainer Steinschafe wuchs für die Sommermonate auf eine stattliche Größe an.

Einen ersten Anlass für die menschlichen Bewohner, nach dem Winterschlaf den Freiluftbetrieb wieder aufnehmen, bot Steffis Geburtstag im Februar. Der neu bedachte Stall diente dabei als Unterstand. Den zweiten Akt bildete das Aufstellen unseres bayerisch-österreichischen Maibaums: Weißwürste und Bier aus Bayern, Brezen aus eigener Produktion und viel zu viel österreichisches Muskelschmalz für das dünne Stangerl - eine gesellige und feucht-fröhliche Zusammenkunft unter hellgrauem Firmament.

Ein heißer Sommer

Den nächsten Anlass zum Feiern gab der runde Geburtstag des Hausherrn. Ende Mai durften wir bei allerbestem Wetter eine große Schar von Familie und Freunden auf dem Hof willkommen heißen. Lustige und tiefsinnige Gespräche, ausgezeichnetes Essen und Trinken sowie die wunderbare Musik von „Luz amoi“ machten diesen Tag zu einer Sternstunde. Das Festwochenende wurde durch Marthas Erstkommunion noch zusätzlich geadelt - wo doch die ganze Familie schon einmal beisammen war, konnten wir gleich weiterfeiern! Nach den Festen die Arbeit: Zur Heuernte war uns das Wetter wohlgesonnen und auch die erprobte Helfertruppe unterstützte uns treu und zuverlässig. Die Handgriffe sitzen, jeder weiß, was zu tun ist und so folgt das Ballenpressen und Einführen vor der Kulisse des Traunsteins inzwischen einer eigenen Choreographie. Die „Oheigerjausn“ bildet dabei regelmäßig den Schlusspunkt der Aufführung.

In den Sommermonaten waren unsere Ferienwohnungen gut belegt und einige der Gäste kamen dabei auch in den Genuß unseres Hofkinos: Vier Filme an vier Wochenenden, wenn es geht draußen, sonst im Heustadl. Die große Überschrift lautete heuer „Ein Schiff wird kommen…“ und da durfte natürlich auch „Titanic“ nicht fehlen. Dieser Abend bleibt vor allem wegen der virtuosen Blockflöteninterpretation des Filmsongs „My heart will go on“ in Erinnerung…

Erntedank

Bei der Ernte des zweiten Grasschnitts - dem Grummet - quittierte unsere Ballenpresse ohne Vorwarnung mit lautem Krachen ihren Dienst: Ein Gelenklager hatte sich aus dem Blech des Maschinenkörpers gerissen. Doch auch dieses vermeintliche Unglück wendete sich mit nur einem Telephonanruf zu einem Triumph des Zusammenhelfens: Ein Nachbar kam mit seiner Presse und erledigte die Arbeit in kaum einer Stunde. Und wurde von den „Nachheigerinnen“ auch noch ausführlich gelobt, weil er so gelassen dahingearbeitet hat. Das Winterfutter für unsere Tiere war also dank vereinter Kräfte im Trockenen und wir konnten uns beruhigt für vierzehn Tage in die Toskana verabschieden. Beruhigt auch deshalb, weil wir unseren Hof in den bewährten Händen der Aushilfsbauern - Steffis Eltern! - wussten. Diese begannen auch, die reiche Ernte von Pfirsichen und Tomaten zu verarbeiten und in der Nachbarschaft zu verteilen, während wir toskanische Landschaft, Kultur und Essen genießen konnten. 

Der Herbst zieht herein

Mit dem Ende der Sommerferien eröffnete Franzi zwei neue Kapitel: Gymnasium Gmunden und Klavierunterricht. Und für uns begannen die Herbstarbeiten. Die im Frühjahr erhoffte Obsternte stellte sich ein und wir konnten rund 300 Liter Apfelsaft pressen, die guten Birnen vom Spalierbaum im Erdkeller einlagern und die letzten Erd- und Himbeeren von den Sträuchern zupfen. Als Dankeschön für alle Helfer und zum Abschluss der „Draußen-Jahreszeiten“ feierten wir Anfang Oktober ein großes Erntedankfest im Stadl. Die „Sechs Arbeiter der Sonderschicht“ spielten bis weit nach Mitternacht auf und Diplombraumeister „Dilli“ entführte uns fachkundig in die weite Welt des Bieres. So kamen neben österreichischen Erzeugnissen auch überraschende Kreationen mit Gurke oder Klassiker wie ein India Pale Ale oder Barley Wine zur Verkostung. Wiederum ein Fest des Miteinanders und der Begegnung.

Gerade noch rechtzeitig vor dem Winter kamen die Fressgitter für den Ziegenstall. Auf den letzten Drücker wurde der Innenausbau fertig und mit den ersten Schneeflocken zog die Ziegenherde von der Weide in ihr Winterquartier.

Wir ziehen uns zurück

Auch die menschlichen Bewohner der Außeren Halt zogen sich nun mehr in die Innenräume zurück - was aber nicht bedeutet, dass wir uns abschotten. Ganz im Gegenteil boten musikalische Zusammenkünfte im Advent, familiäre Feiern in der Weihnachtszeit, Silvester mit Freunden, Krupf-krupf der Kinder und Glöckeln der Großen immer wieder Gelegenheit zum miteinander Reden, Singen, Essen und Trinken.

Und gerade diese Begegnungen sind es, die uns mit großer Freude und Dankbarkeit auf das Jahr 2022 zurückschauen lassen und uns Mut und Zuversicht für die anstehenden Aufgaben geben. Wir dürfen - allen globalen Widrigkeiten zum Trotz - jeden Tag erleben, dass sich durch ein gutes Miteinander, durch gegenseitige Unterstützung und Anteilnahme am Leben des Anderen praktisch alle Aufgaben lösen lassen. Wir wollen nicht verzweifeln angesichts der gewaltigen Verwirrungen sondern dankbar und ausdauernd die kleinen Knoten auflösen, die sich uns täglich auf den Weg legen. Damit sind wir ausreichend beschäftigt - und glauben fest daran, dass sich so auch das große Durcheinander ein kleines Bisserl auflöst. Ein ganz kleines Bisserl zwar, aber immerhin!

 

Wir grüßen Euch herzlich von der Außeren Halt und freuen uns darauf, Euch hier bei uns begrüßen zu dürfen!

Steffi und Wolfgang.